Fahrphysik: Welche Kräfte wirken beim Fahren?

Fahrphysik

Unsere Ladung müssen wir sichern, damit sie bei der Fahrt oder bei Unfällen (oder sogar bei Stillstand des Fahrzeugs) nicht verrutschen, umfallen oder hin- und her rollen kann. So sagt es das Gesetz.

Die Ladungssicherung ist also eine physi­kalische Angelegen­heit: Wir müssen Kraft aufwenden, um unsere Ladung fest in ihrer Position zu halten.

Eigentlich hat unsere Ladung kein inne­wohnendes Bedürfnis, sich zu bewegen. Körper sind träge und wehren sich grundlegend gegen eine Änderung ihres augenblicklichen Bewegungs­zustands. Vielleicht erinnern Sie sich noch an das erste Newtonsche Gesetz aus der Schul­zeit, das oft auch als „Trägheits­prinzip“ bezeichnet wird:

Jeder Körper beharrt in seinem Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit, wenn der Körper nicht durch einwirkende Kräfte gezwungen wird, seinen Zustand zu ändern.

Wir möchten, dass unsere Ladung im Zustand der Ruhe bleibt. Es sind also die auf die Ladung einwirkenden Kräfte, denen wir Aufmerksamkeit schenken müssen.

Was ist eine physikalische Kraft?

Man erkennt das Wirken einer Kraft an der Änderung der Geschwindigkeit (Zunahme oder Abnahme) des Körpers, auf den die Kraft wirkt. Man erkennt das Wirken einer Kraft ebenso an der Änderung der Geschwindigkeitsrichtung des Körpers, auf den die Kraft wirkt.

Nach dem bereits erwähnten berühmten englischen Forscher und Philosophen Isaac Newton gilt: Kraft = Masse * Beschleunigung. In den richtigen physikalischen Größen ausgedrückt:

F = m * a

Welche Kräfte sind beim Fahren eigent­lich im Spiel? Welche Kräfte wirken auf die Ladung?

1. Gewichtskraft

Gewichtskraft Pritsche
Gewichtskraft Pritsche

Als Basis brauchen wir zuerst ein Verständnis für die Gewichts­kraft. Die Gewichts­kraft einer Ladung drückt die Ladung aufgrund der Erd­anziehungs­kraft auf die Ladefläche. Die Erd­anziehung wird auch als Erdbe­schleunigung bezeichnet und hat auf der Erde im Mittel den Wert 9,81 m/s². Die Erdbe­schleunigung wird mit dem kleinen Buch­staben g abgekürzt.

Die Gewichtskraft errechnet sich durch Masse * Erdanziehungskraft. Sie wird in der Einheit N (Newton) oder auch oft daN (DekaNewton) angegeben.

FG = m * g

Übrigens: Umgangssprachlich wird oft vom „Gewicht“ gesprochen, ohne dass klar ist, ob die Masse oder die Gewichts­kraft gemeint ist. Die Masse ist ein Maß dafür, wie stark ein Körper sich Beschleunigungen widersetzt (Trägheit). Die Gewichts­kraft aber beschreibt, wie stark ein Körper von der Erde oder dem Himmels­körper, auf dem er sich befindet, angezogen wird.

Die Masse ist also eine dem Körper inne­wohnende Eigen­schaft, während die Gewichts­kraft das Ergebnis eines äußeren Ein­flusses auf den Körper ist.

2. Trägheitskraft

Von der Träg­heit haben Sie oben schon gelesen. Die Ladung hat aufgrund der Massen­träg­heit das Bestreben, in ihrem vor­handenen Zustand zu beharren. Gerät Ladung hingegen in Bewegung, so verläuft diese (im Gegen­satz zur Ruhe) nicht mehr gleich­förmig und gerad­linig. Diese Veränderung des Bewegungs­zustandes wird in der Physik als Beschleunigung bezeichnet. Die Träg­heits­kraft ist demnach die Kraft, die die Bewegung des Körpers in einem beschleunigten Bezugs­system beschreibt. Die Trägheits­kraft wirkt stets entgegen der Beschleunigung.

Ein Beispiel, das Sie bestimmt aus Ihrem Alltag kennen, ist die Situation, dass Sie in einem anfahrenden Bus stehen. Der Bus beschleunigt nach vorne, Sie werden nach hinten (also entgegen der Richtung der Beschleunigung) gedrückt. Was Sie hier spüren, ist Ihre Träg­heits­kraft.

Bewegt sich nun Ihr Fahr­zeug bzw. durchläuft verschiedene Manöver, so ergeben sich beim Fahren also Trägheitskräfte, die auf die Ladung wirken. „Massenkraft“, „Massen­trägheits­kraft“ und „Trägheitskraft“ werden synonym verwendet.

Für die wirkenden Kräfte beim Fahren gibt es vielerlei weitere Bezeichnungen. Die meisten wirkenden Kräfte sind Formen der Träg­heits­kraft, bspw. die Kraft beim Anfahren bzw. Abbremsen oder die Flieh­kraft (Zentrifugal­kraft) bei Kurven­fahrten. Wir gehen weiter folgend gesondert auf jede dieser Kräfte ein.

2.1 Kräfte in Fahrtrichtung

Trägheitskraft Pritsche
Trägheitskraft Pritsche

Bei einer (Voll-)Bremsung des Fahr­zeugs wirken maximale Beschleunigungs­kräfte auf die Ladung in Fahrtrichtung. Das Fahrzeug bremst zwar, die Ladung wird allerdings dabei nach vorne beschleunigt. Die Trägheits­kraft wirkt auf die Ladung also nach vorne. Außerdem neigt sich die Lade­fläche in der Federung ein wenig, was das Rutschen der Ladung nach vorne zusätzlich begünstigt.

In Längsrichtung nach vorne (aus Brems­vorgängen oder bei Tal­fahrt) wirkt das 0,8-fache der Gewichts­kraft der Ladung (z.B. bei einer 10 t-Ladung immerhin 8 t), also 80 % des Ladungs­gewichts.

Was bedeutet das für uns? Dass die Ladung gegen eine Längs­kraft nach vorne von mindestens 80 % ihres Gewichts gesichert werden muss. Dies gilt übrigens ganz unabhängig von der Fahr­geschwindig­keit.

Bei einem Ladungsgewicht von bspw. 10 t müssen also 8 t, ergo 8000 daN nach vorne hin abgesichert sein.

2.2 Kräfte entgegen der Fahrtrichtung

Beschleunigungs- und Trägheitskräfte entgegen der Fahrtrichtung
Beschleunigungs- und Trägheitskräfte entgegen der Fahrtrichtung

Bei Steigungen, beim Anfahren oder Zurück­rollen/Rückwärts­fahren des Fahrzeugs und Bremsen wirken die größten Beschleu­nigungs­­­kräfte auf die Ladung entgegen der Fahrt­­richtung. Das Fahrzeug beschleunigt zwar nach vorne, die Ladung allerdings wird dadurch nach hinten beschleunigt. Die Trägheits­­kraft wirkt auf die Ladung also nach hinten.

Die Träg­heits­kräfte nach hinten sind etwas weniger stark als jene nach vorne. Sie werden nach aktuellen Richt­linien und Normen mit 50 % des Ladungs­gewichts angenommen.

Was bedeutet das für uns? In Längs­­richtung nach hinten wirkt das 0,5-fache der Gewichts­­kraft der Ladung (z.B. bei einer 10 t-Ladung also 5 t). Die Ladung muss gegen eine Kraft nach hinten von mindestens 50 % ihres Gewichts gesichert werden.

Bei einem Ladungs­gewicht von bspw. 10 t müssen also 5 t, ergo 5000 daN nach hinten hin abge­sichert werden.

2.3 Senkrechte Kräfte

Senkrechte Kräfte
Senkrechte Kräfte

Als senkrechte Kraft nach unten hin wirkt die bereits angesprochene Gewichts­kraft zum Erd­mittel­punkt hin. Durch Fahr­bahn­uneben­heiten wie Schlag­löcher können aber senk­rechte Stöße auftreten. Sie haben ein Springen der Ladung zufolge. Es wirkt also in diesem Fall eine senk­rechte Kraft nach oben hin auf die Ladung. Diese Kräfte verringern kurz­zeitig und häufig hinter­einander das Gewicht (und damit auch die Reibung, zu der wir später noch kommen) der Ladung. So können diese Kräfte dazu führen, dass ungesicherte Ladung sich bewegt oder sogar abhebt.

2.4 Fliehkraft

Fliehkraft Pritsche
Fliehkraft Pritsche

Bei Kurvenfahrten, Ausweichmanövern oder auch Spurwechsel entstehen und wirken Flieh­kräfte zur Seite auf die Ladung, die ein Quer­rutschen der Ladung verur­sachen können.

Es handelt sich hierbei auch um Träg­heits­kräfte, die aber auch als Flieh­kräfte oder Zentrifugal­kräfte bezeichnet werden.

In Kurven ändert sich eigentlich nicht unbedingt der Betrag der Geschwindig­keit (wie das beim Bremsen oder Anfahren der Fall ist), sondern ihre Richtung. Bei einer Kurven­fahrt ist die Ladung eigentlich bestrebt, ihre ursprüngliche Bewegungs­richtung (geradeaus) beizu­behalten. Die Träg­heit der Ladung äußert sich dann in Form der Flieh­kraft, denn die Ladung will aus der Kurve fliehen und sich geradeaus weiter fort­bewegen.

Die Größe der Flieh­kraft ist vom Radius der Kurve und auch von der Geschwindig­keit des Fahrzeugs abhängig. Wichtig: Eine Ver­dop­pelung der Geschwindig­keit vervier­facht die Fliehkraft.

F = m * (v2/r)

Aufgrund der Federung des Fahrzeugs neigt sich außerdem die Ladefläche etwas nach außen, die Ladefläche hat also Wank­schwingungen. Die Flieh­kräfte können bis zu 50 % des Ladungs­gewichts betragen und dieser Wert gilt auch weitläufig als Richt­linie.

Was bedeutet das für uns? In Quer­richtung wirkt also das 0,5-fache der Gewichts­kraft der Ladung (bei einer 10 t-Ladung ergo 5 t). Bei Lade­gütern, die kippge­fährdet sind, wirken höhere Kräfte. Die Ladung muss gegen eine Kraft zur Seite von mindestens 50 % ihres Gewichts gesichert werden.

Bei einem Ladungs­gewicht von bspw. 10 t müssen also 5 t, ergo 5000 daN zu den Seiten hin abge­sichert werden.

Die Kräfte der Ladungs­sicherung

All diese ausgelösten Trägheits­kräfte machen Ladungs­sicherung notwendig. Und da die Trägheits­kräfte proportional zur Masse der Ladung ansteigen, ist es nicht korrekt, wenn man annimmt, dass sehr schwere Ladung gar nicht gesichert werden müsste, sondern von selbst liegen bliebe. Schwerere Ladung muss also stärker gesichert werden als leichte Ladung.

Wenn es um die Ladungs­sicherung geht, helfen uns zwei Kräfte.

1. Reibungskraft

Die Reibungs­kraft ist eine Kraft, welche zwischen Objekt und Unter­lage auftritt und einer Ver­schiebung der Ladung entgegen wirkt. Sie unter­stützt uns somit bei der Ladungs­sicherung. Je rauer eine Ober­fläche, desto stärker kann die Reibungs­kraft wirken (daher gibt es Antirutschmatten).

Die Reibung ist eine passive Kraft, das bedeutet: Im Ruhe­zustand ist keine Reibung vorhanden. Sobald eine äußere Kraft beginnt, auf die Ladung einzuwirken, wirkt die sogenannte Haft­reibung als Gegen­kraft.

Wird der Höchst­wert dieser Haft­reibung erreicht und über­schritten, beginnt die Ladung sich zu verschieben. Ab diesem Punkt wirkt die sogenannte Gleit­reibung. Sie wirkt verzögernd auf die Bewegung der Ladung.

Wirkt also eine äußere Kraft auf die Ladung ein, wie bspw. die Flieh­kraft, so muss die Flieh­kraft erst größer werden als die Reibungs­kraft, um die Ladung schluss­endlich in Bewegung zu setzen. Die Reibung hält die Ladung in ihrer Position, bis die von außen wirkende Kraft die Reibungs­kraft übersteigt.

Reibungskräfte werden physikalisch durch den Reib­beiwert µ ausgedrückt, der wiederum von den beteiligten Materialien, dem Gewicht und weiteren Faktoren abhängt.

2. Sicherungskraft

Sicherungskraft Ladungssicherung Pritsche
Sicherungskraft Ladungssicherung Pritsche

Was die Reibungs­kraft alleine nicht kann, muss die Sicherungs­kraft ergänzen. Die Sicherungs­kraft wirkt den Trägheits­kräften entgegen und sichert die Ladung gegen Verrutschen. Die Sicherungs- bzw. Rückhalte­kräfte müssen immer größer sein als die entstehenden Kräfte auf die Ladung. Diese Kraft wird von Ladungs­­­sicherungs­­maß­nahmen aufgebracht.

Sie ist die Kraft, die von den Sicherungs­mitteln aufgenommen werden muss, um die Ladung form- oder kraft­schlüssig zu sichern. Hierfür sind bspw. unsere Produkte da: Transport­boxen, Zurr­gurte, Lade­flächen­teiler, das Ladungs­sicherungs­netz und mehr, welche Sie bei uns im Shop finden.

Die nötige Sicherungs­kraft errechnet sich aus der Trägheits­kraft minus der Reibungs­kraft.

F = FT – FR

Wie Sie Ihre Ladung richtig sichern und worauf Sie achten müssen, lesen Sie in unseren umfangreichen Beiträgen dazu.

Wir wünschen wie immer eine gute Fahrt!
Ihr LogicLine Team

Linda Miletich

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